Das Paradox des Loslassens

Loslassen – ein Wort, das Leichtigkeit verspricht, wie der Wind, der ein welkes Blatt vom Ast nimmt und es sanft zu Boden trägt. Doch in Wahrheit ist es viel schwerer als das. Es ist ein Konzept, das die Seele in ihren tiefsten Schichten hinterfragt.

Oder ist das Loslassen nur ein schöner, trügerischer Gedanke, ein Versuch, das Unumgängliche zu verschleiern: dass das, was fort ist, nie wiederkommt?


Loslassen ist eine Illusion, ein Spiel mit der Zeit. Es suggeriert, dass wir die Macht hätten, den Verlust mit unseren bloßen Händen zu greifen, ihn zu formen, ihm einen Platz zuzuweisen. Doch die Realität ist härter.

Akzeptieren ist ein stiller Akt des Widerstands. Kein großes Loslösen, keine befreiende Geste, sondern ein Innehalten, ein Hinsehen, ein sich Einlassen auf den Schmerz des Mangels. Es ist das Aufgeben des Kampfes gegen die Leere, die ein Verlust hinterlässt.

Es bedeutet, dem Schweigen zu lauschen, das der Abschied zurücklässt – und zu verstehen, dass dieses Schweigen ein Teil von uns ist.

Vielleicht besteht die wahre Kunst des Lebens nicht im Loslassen, sondern im Halten von Erinnerungen, im Bewahren von Augenblicken, die längst vergangen sind. Einem Festhalten an dem, was wir nicht mehr berühren können, aber das uns noch berührt. Das, was fort ist, lebt weiter – nicht in der Realität, sondern in der Reflexion, im Schatten, den es in uns hinterlässt. 


Loslassen ist ein Trugbild.

Und vielleicht schenkt es Frieden, wenn wir aufhören, danach zu streben. Vielleicht liegt Freiheit darin, den Schmerz zu fühlen, das Vermissen zuzulassen, das Fortsein zu umarmen.

Wenn wir uns eingestehen, dass etwas unwiderruflich fort ist, wird die Leere nicht kleiner. Doch sie wird greifbar. Wahr.

Aus dieser Wahrheit kann eine neue Kraft wachsen, eine, die uns nicht unbedingt befreit, aber verbindet – mit dem, was war, was ist und was wir sind.

Rebecca | Schreibtrunken


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