Noch nicht mal einen schlechten.
Wie man Kurzgeschichten oder gar ganze Romane schreibt, dazu bietet der Markt eine nicht unbedeutende Menge an Literatur, da könnte ich nichts noch nicht Dagewesenes beitragen (und so ganz mein Metier ist das ohnehin nicht) – aber wer sicherstellen möchte, dass er seinen Roman niemals vollendet, der ist hier richtig, dem stehe ich sehr gern mit Rat und Tat und meinen gesammelten Erfahrungsschätzen der letzten Jahrzehnte zur Seite. Mach ich gern. Kein Ding. Los geht’s!
WARTE AUF DIE PERFEKTE IDEE!
Warum mit einer mittelmäßigen Idee anfangen, wenn diese eine geniale Romanidee irgendwo da draußen auf dich wartet? Bleib lieber auf der Couch sitzen und grübel jahrelang darüber nach, bis die Götter irgendwann ein Einsehen haben und dich mit Musenküssen noch und nöcher beschenken. Du weißt schon … Mit diesem einen weltverändernden Gedanken, den garantiert noch niemand hatte und der auch von niemand anderem zu Papier gebracht werden kann, als dir. Das ist allein deine Aufgabe. Deine Bestimmung! Warte und sei aufmerksam, damit du diesen heiligen Moment nicht verpasst. Und bis dahin? Sag ich doch. Warten. Und zweifeln. Und noch ein bisschen mehr warten. Das kann nie schaden.
PLANE UND PLOTTE, BIS DER ARZT KOMMT!
Erstelle am besten schon im Vorfeld komplexe Zeitachsen, detaillierte Charakterbögen, Stammbäume bis in die achte Generation und eine geographisch korrekte Karte deiner fiktiven Welt. Schreibe einen 300-seitigen Weltenbau-Guide und überarbeite denselben regelmäßig. Wie dramatisch wäre es wohl, würdest du erst während des Schreibens feststellen, dass deinen Protagonisten hinter dem nächsten Baum eine Flussbiegung erwartet – das solltest du unbedingt vermeiden!
ALTERNATIV: PLANE REIN GAR NICHTS!
Vielleicht möchtest du stattdessen lieber einfach lostippen, ohne jegliche Idee, wohin die Reise gehen soll? Man weiß doch, dass zu viel Vorbereitung dem Schreiberling rein gar nichts nützt, weil die Figuren sich im Laufe der Geschichte sowieso ganz von allein entwickeln und meist eine völlig unerwartete, dafür aber höchst spektakuläre Richtung einschlagen. Eine, die du dir ohnehin niemals hättest ausdenken können – also mach einfach. Starte mit: „Es war eine finstere, stürmische Nacht“ und lass dich überraschen, was geschieht. Und wem. Und warum.
OBERSTE PRIORITÄT: DER ERSTE SATZ!
Vergiss die restliche Geschichte – auf den Beginn kommt es an! Der erste Satz ist bekanntlich der Wurm am Angelhaken, mit dem du deine Leserschaft anzulocken versuchst. Wenn du den versemmelst, hast du’s auch schon verbockt. Alles dahin, noch bevor es richtig begonnen hat. – Oh. Du hast deinen ersten Satz schon? Lösch ihn. Das geht sicher besser. Den zweiten Versuch löschst du auch wieder. Keinem Schriftsteller fällt auf Anhieb etwas literarisch Wertvolles ein, das kommt (wenn überhaupt) erst nach der x-ten Überarbeitung. Deshalb solltest du auch früh genug damit anfangen. Und falls du doch mal ein paar Zeilen schaffst: Lies spätestens nach fünf Seiten alles gründlich durch, bevor du weiterschreibst und überarbeite es mehrfach. Ganz wichtig!
PERFEKTIONIERE DEINE MULTITASKING-SKILLS!
Warum schreiben, wenn man sich auch mit Freunden treffen, Mails checken, eine neue Serie anfangen oder sich stundenlang durch Instagram scrollen kann? Gern angenommener Tipp ist auch der, erst mal ein teures Schreibprogramm zu kaufen und ein paar Wochen damit zu verbringen, YouTube-Videos über dessen Handhabung anzuschauen – wenn du das Programm erst mal verstanden hast, holst du die verlorene Zeit in Nullkommanix wieder rein und du wirst künftig auch viel weniger abgelenkt sein. Hat ja Kohle gekostet, da ist die Motivation gleich ne ganz andere.
NEUE IDEEN SOFORT ANGEHEN!
Du hast bereits 37 Seiten geschrieben und plötzlich eine neue, noch bessere Idee? Perfekt! Lass das alte Projekt sofort liegen und stürz dich auf das nächste. Diese Idee wird dich ja nicht rein zufällig ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt angesprungen haben – sie will unbedingt geschrieben werden. Von dir! Und zwar jetzt!
GANZ WICHTIG: SOCIAL-MEDIA!
Heutzutage kommt es in der Literaturbranche vor allem auf eine florierende Fangemeinde an. Woher soll die Welt denn auch wissen, dass dein Meisterwerk, das du zu schreiben gedenkst, existiert, wenn nicht über Social Media? Siehst du ... Erstelle dir einen Instagram-Kanal, Facebook, Threads, X und Pinterest und veröffentlich dort mehrfach täglich Textschnipsel und Alltagserlebnisse aus deinem Autorendasein. Kommentare bitte zeitnah beantworten, damit deine Leserschaft sich gesehen fühlt. Am besten erstellst du dir einen Jahres-Redaktionsplan für die jeweilige Plattform und drehst an hübschen Locations ansprechende Reels, in denen du erzählst, warum du so gern schreibst und dass du der glücklichste Mensch der Welt wärst, wenn du doch nur etwas mehr Zeit dafür hättest. Frag nach, wie andere das sehen. Vernetze dich, komm in den Austausch! Und denk dran: Antworten zeitnah re-kommentieren!
ANMERKUNGEN ANDERER SOFORT INS MANUSKRIPT EINARBEITEN!
Dein erstes Kapitel ist fertig? Prima! Gratuliere! Gib es deinen Kollegen, deinem Partner, Mama und einem ausgewählten Kreis an Personen aus deinem Umfeld. Bitte sie um ihre ehrliche Meinung – sie sind schließlich die Blaupause deiner späteren Leser und du musst ja frühzeitig wissen, wie deine Story bei ihnen ankommt.
Ein Kollege findet deine Hauptfigur doof? Sofort umschreiben! Deine Tante mag kein Fantasy? Stimmt, wer braucht schon Magie? Verlagere deine Geschichte nach Hintertupfingen, mache Einhörner zu Eseln und schon passt’s wieder! Und sollte irgendjemand deinen Schreibstil bemängeln: Verbrenne dein Manuskript und fang von vorn an. Oder lass das mit dem Schreiben einfach sein.
HÖRE AUF DEINEN INNEREN KRITIKER!
Lies deine Texte immer wieder kritisch durch. Mit ein bisschen gutem Willen wird es nicht lange dauern, bis du erkennst, dass sie das Schlechteste sind, was je geschrieben wurde – und jetzt stell dir nur mal vor, das wäre dir erst am Ende deines Romans aufgefallen!
Geh in dich und frage dich ehrlich, ob du nicht vielleicht doch völlig talentfrei bist, wie du es in der Vergangenheit ja ab und an schon mal von deiner Lehrerin, deinem Vater oder wem auch immer gehört hast.
Man will es nicht wahrhaben, ich weiß, aber könnte es nicht doch sein, dass du dir nur was vorgemacht hast und das Schreiben gar nicht deins ist? Insgeheim hast du genau das doch schon immer gespürt, hab ich recht? All die großen Schriftsteller da draußen, Goethe, Schiller, Rowling, Fitzek – und dann kommst du .. Haha. Merkste selber, oder?
Und außerdem … Bei diesen Unmengen an Autoren, die Tag für Tag Ihre Bücher auf den Markt schmeißen – warum um alles in der Welt solltest da ausgerechnet du etwas beizusteuern haben, was es nicht schon zigtausendfach gibt? Siehst du …
SCHAFFE PERFEKTE SCHREIBBEDINGUNGEN
Schreiben hat nicht nur etwas mit Kreativität zu tun, es geht hier auch um deine Gesundheit!
Sorge dafür, dass das Mobiliar, an dem du deinen Beststeller schreiben wirst, nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurde – dein Rücken wird’s dir danken! Richte dir noch vor dem ersten getippten Wort ein Arbeitszimmerchen ein, streiche es in einer anregenden Farbe und beachte bei der Raumgestaltung die Regeln des Feng Shui – deine Energie muss ungestört fließen können!
Auch das Wetter ist wichtig. Du musst schließlich in der richtigen Stimmung sein und um nachfühlen zu können, wie es deiner Figur bei Regen geht, sollte es auch bei dir regnen, während du darüber schreibst – das wirkt dann später sehr viel authentischer und genau das sind die kleinen aber feinen Unterschiede, an denen der wahre Meister des geschriebenen Wortes zu erkennen ist.
Und solltest du dir dein Heim mit anderen Mitbewohnern teilen, sollten diese bestenfalls schlafen, wenn du dich an die Arbeit machst. Schreib nur, wenn absolute Ruhe herrscht und Ablenkung ausgeschlossen ist.
SEI EHRLICH MIT DIR – GEHT DAS NICHT BESSER?
Jeder Satz muss makellos sein. Jede Formulierung ein Kunstwerk. Schreibe niemals weiter, ehe das zuvor Geschrieben nicht absolut brillant ist. Sollte eine Szene auch nach dem zehnten Umschreiben noch immer nicht in einen Euphorieausbruch deinerseits münden, brich das Projekt ab. Du vergeudest nur deine wertvolle Zeit! Widme dich lieber einer neuen Idee.
MÖGLICHST GROSSE ZIELE SETZEN!
Warum langsam anfangen? DREAM BIG lautet die Devise und deshalb solltest du dir zu Beginn ein leuchtendes Ziel setzen, das du gern erreichen möchtest. 222 Seiten im ersten Monat, zum Beispiel. Das wäre doch eine ganz gute Ausbeute, findest du nicht?
Das Gute an dieser Methode: Sobald du die im Schnitt täglich erforderlichen siebeneinhalb Seiten mal zwei oder drei Tage am Stück nicht schaffst, weißt du, dass du dir keine unnötigen Hoffnungen mehr zu machen brauchst – das erspart dir am Ende des Monats eine Menge Frustration. Lass es am besten gleich bleiben. Ist besser für die Nerven.
LIES BÜCHER ÜBER DAS SCHREIBEN UND LERNE!
Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder einfach schriebe, wie er wollte? Nicht grundlos gibt es all diese unzähligen Schreibratgeber und Kurse, in denen man alles lernen kann, was man für eine erfolgreiche Schreiberlings-Karriere so braucht. Lies diese Bücher, ehe du mit dem Schreiben beginnst. Lies sie alle! Und wenn du dann erkennst, was du alles nicht weißt und kannst, besuche entsprechende Web-Seminare, Fortbildungen, Workshops. Alles andere wäre vergeudete Liebesmüh. Vorher brauchst du gar nicht beginnen. Lass dir erst mal sagen, wie das überhaupt geht!
ERZÄHLE JEDEM, DAS DU EIN BUCH SCHREIBST!
Einer der wichtigsten Punkte überhaupt! Vor allem dann, wenn du ein noch unveröffentlichter Autor bist! Sag jedem, der dir lieb und teuer ist und auch jedem, mit dem du mehr als fünf Silben wechselst, dass du ein Buch schreibst!
„Oh, wow, du schreibst ein Buch?!“ Je nach Betonung und Augenbrauenposition kann dieser Satz entweder dazu führen, dass dein Gehirn sich allein durch die Bewunderung, die in dieser Frage mitschwingt, belohnt fühlt, ganz ohne, dass du auch nur ein Wort geschrieben hast (cool, oder?) und es beschließt, dass diese Tatsache Erfolg genug ist – oder aber dir wird schlagartig klar, dass das vermutlich die dümmste und aussichtsloseste Idee deines Lebens war.
„Und, wie weit bist du?“ wird man dich regelmäßig fragen, was vor allem während einer Schreibflaute dazu führt, dass du dich unter Druck und in Erklärungsnot fühlst – und den Kopf zum Schreiben erst recht nicht mehr frei hast.
Kommentare, Ratschläge und Kritik, Buchmarktanalysen, etc. Du wirst allerhand erfahren, was du niemals wissen wolltest und so viel über dein Buch reden oder nachdenken, dass es sich wie von allein nicht schreibt. Perfekt!
Fazit: Erzähle davon, wann auch immer sich dir die Möglichkeit bietet! Wer viel über sein Buch spricht, schreibt oft nicht und genau das ist es ja, wobei dieser Artikel helfen möchte.
So. Es gibt zwar noch allerhand mehr Möglichkeiten, sich zuverlässig davon abzuhalten, einen Roman zu schreiben, wer das Genannte gewissenhaft beherzigt, sollte aber auf der sicheren Seite sein – hier kann ich ruhigen Gewissens eine Erfolgs-Garantie mit auf den Weg geben.
Wer all diese Tipps jedoch ignoriert und am Ende auch noch das exakte Gegenteil tut, muss mit den Folgen seines eines schönen Tages doch noch vollendeten Romans selbst zurechtkommen – das liegt dann nicht in meiner Verantwortung. Haftung ausgeschlossen.
In diesem Sinne …
Schreib doch, wie du willst.
Aber schreib.
Rebecca | Schreibtrunken





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