Wie man erfolgreich keinen Roman schreibt.

Noch nicht mal einen schlechten.

Wie man Kurzgeschichten oder gar ganze Romane schreibt, dazu bietet der Markt eine nicht unbedeutende Menge an Literatur, da könnte ich nichts noch nicht Dagewesenes beitragen (und so ganz mein Metier ist das ohnehin nicht) – aber wer sicherstellen möchte, dass er seinen Roman niemals vollendet, der ist hier richtig, dem stehe ich sehr gern mit Rat und Tat und meinen gesammelten Erfahrungsschätzen der letzten Jahrzehnte zur Seite. Mach ich gern. Kein Ding. Los geht’s!


WARTE AUF DIE PERFEKTE IDEE!


PLANE UND PLOTTE, BIS DER ARZT KOMMT!

Erstelle am besten schon im Vorfeld komplexe Zeitachsen, detaillierte Charakterbögen, Stammbäume bis in die achte Generation und eine geographisch korrekte Karte deiner fiktiven Welt. Schreibe einen 300-seitigen Weltenbau-Guide und überarbeite denselben regelmäßig. Wie dramatisch wäre es wohl, würdest du erst während des Schreibens feststellen, dass deinen Protagonisten hinter dem nächsten Baum eine Flussbiegung erwartet – das solltest du unbedingt vermeiden!


ALTERNATIV: PLANE REIN GAR NICHTS!


OBERSTE PRIORITÄT: DER ERSTE SATZ!

Vergiss die restliche Geschichte – auf den Beginn kommt es an! Der erste Satz ist bekanntlich der Wurm am Angelhaken, mit dem du deine Leserschaft anzulocken versuchst. Wenn du den versemmelst, hast du’s auch schon verbockt. Alles dahin, noch bevor es richtig begonnen hat. – Oh. Du hast deinen ersten Satz schon? Lösch ihn. Das geht sicher besser. Den zweiten Versuch löschst du auch wieder. Keinem Schriftsteller fällt auf Anhieb etwas literarisch Wertvolles ein, das kommt (wenn überhaupt) erst nach der x-ten Überarbeitung. Deshalb solltest du auch früh genug damit anfangen. Und falls du doch mal ein paar Zeilen schaffst: Lies spätestens nach fünf Seiten alles gründlich durch, bevor du weiterschreibst und überarbeite es mehrfach. Ganz wichtig!


PERFEKTIONIERE DEINE MULTITASKING-SKILLS!


NEUE IDEEN SOFORT ANGEHEN!

Du hast bereits 37 Seiten geschrieben und plötzlich eine neue, noch bessere Idee? Perfekt! Lass das alte Projekt sofort liegen und stürz dich auf das nächste. Diese Idee wird dich ja nicht rein zufällig ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt angesprungen haben – sie will unbedingt geschrieben werden. Von dir! Und zwar jetzt!


GANZ WICHTIG: SOCIAL-MEDIA!


ANMERKUNGEN ANDERER SOFORT INS MANUSKRIPT EINARBEITEN!

Dein erstes Kapitel ist fertig? Prima! Gratuliere! Gib es deinen Kollegen, deinem Partner, Mama und einem ausgewählten Kreis an Personen aus deinem Umfeld. Bitte sie um ihre ehrliche Meinung – sie sind schließlich die Blaupause deiner späteren Leser und du musst ja frühzeitig wissen, wie deine Story bei ihnen ankommt.
Ein Kollege findet deine Hauptfigur doof? Sofort umschreiben! Deine Tante mag kein Fantasy? Stimmt, wer braucht schon Magie? Verlagere deine Geschichte nach Hintertupfingen, mache Einhörner zu Eseln und schon passt’s wieder! Und sollte irgendjemand deinen Schreibstil bemängeln: Verbrenne dein Manuskript und fang von vorn an. Oder lass das mit dem Schreiben einfach sein.


HÖRE AUF DEINEN INNEREN KRITIKER!


SCHAFFE PERFEKTE SCHREIBBEDINGUNGEN

Schreiben hat nicht nur etwas mit Kreativität zu tun, es geht hier auch um deine Gesundheit!

Sorge dafür, dass das Mobiliar, an dem du deinen Beststeller schreiben wirst, nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurde – dein Rücken wird’s dir danken! Richte dir noch vor dem ersten getippten Wort ein Arbeitszimmerchen ein, streiche es in einer anregenden Farbe und beachte bei der Raumgestaltung die Regeln des Feng Shuideine Energie muss ungestört fließen können!

Auch das Wetter ist wichtig. Du musst schließlich in der richtigen Stimmung sein und um nachfühlen zu können, wie es deiner Figur bei Regen geht, sollte es auch bei dir regnen, während du darüber schreibst – das wirkt dann später sehr viel authentischer und genau das sind die kleinen aber feinen Unterschiede, an denen der wahre Meister des geschriebenen Wortes zu erkennen ist.

Und solltest du dir dein Heim mit anderen Mitbewohnern teilen, sollten diese bestenfalls schlafen, wenn du dich an die Arbeit machst. Schreib nur, wenn absolute Ruhe herrscht und Ablenkung ausgeschlossen ist.


SEI EHRLICH MIT DIR – GEHT DAS NICHT BESSER?


MÖGLICHST GROSSE ZIELE SETZEN!

Warum langsam anfangen? DREAM BIG lautet die Devise und deshalb solltest du dir zu Beginn ein leuchtendes Ziel setzen, das du gern erreichen möchtest. 222 Seiten im ersten Monat, zum Beispiel. Das wäre doch eine ganz gute Ausbeute, findest du nicht?

Das Gute an dieser Methode: Sobald du die im Schnitt täglich erforderlichen siebeneinhalb Seiten mal zwei oder drei Tage am Stück nicht schaffst, weißt du, dass du dir keine unnötigen Hoffnungen mehr zu machen brauchst – das erspart dir am Ende des Monats eine Menge Frustration. Lass es am besten gleich bleiben. Ist besser für die Nerven.


LIES BÜCHER ÜBER DAS SCHREIBEN UND LERNE!


ERZÄHLE JEDEM, DAS DU EIN BUCH SCHREIBST!

Einer der wichtigsten Punkte überhaupt! Vor allem dann, wenn du ein noch unveröffentlichter Autor bist! Sag jedem, der dir lieb und teuer ist und auch jedem, mit dem du mehr als fünf Silben wechselst, dass du ein Buch schreibst!

„Oh, wow, du schreibst ein Buch?!“ Je nach Betonung und Augenbrauenposition kann dieser Satz entweder dazu führen, dass dein Gehirn sich allein durch die Bewunderung, die in dieser Frage mitschwingt, belohnt fühlt, ganz ohne, dass du auch nur ein Wort geschrieben hast (cool, oder?) und es beschließt, dass diese Tatsache Erfolg genug ist – oder aber dir wird schlagartig klar, dass das vermutlich die dümmste und aussichtsloseste Idee deines Lebens war.

„Und, wie weit bist du?“ wird man dich regelmäßig fragen, was vor allem während einer Schreibflaute dazu führt, dass du dich unter Druck und in Erklärungsnot fühlst – und den Kopf zum Schreiben erst recht nicht mehr frei hast.

Kommentare, Ratschläge und Kritik, Buchmarktanalysen, etc. Du wirst allerhand erfahren, was du niemals wissen wolltest und so viel über dein Buch reden oder nachdenken, dass es sich wie von allein nicht schreibt. Perfekt!

Fazit: Erzähle davon, wann auch immer sich dir die Möglichkeit bietet! Wer viel über sein Buch spricht, schreibt oft nicht und genau das ist es ja, wobei dieser Artikel helfen möchte.


So. Es gibt zwar noch allerhand mehr Möglichkeiten, sich zuverlässig davon abzuhalten, einen Roman zu schreiben, wer das Genannte gewissenhaft beherzigt, sollte aber auf der sicheren Seite sein – hier kann ich ruhigen Gewissens eine Erfolgs-Garantie mit auf den Weg geben.

Wer all diese Tipps jedoch ignoriert und am Ende auch noch das exakte Gegenteil tut, muss mit den Folgen seines eines schönen Tages doch noch vollendeten Romans selbst zurechtkommen – das liegt dann nicht in meiner Verantwortung. Haftung ausgeschlossen.

In diesem Sinne …
Schreib doch, wie du willst.
Aber schreib.


Rebecca | Schreibtrunken

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