Wiesdaller Füß‘ un Frankfurter Schuh‘
Täglicher Schreibanreiz
Erzähle uns von deinen Lieblingsschuhen und wohin sie dich getragen haben.

Meine Lieblingsschuhe?

Ich habe keine. In dieser Hinsicht bin ich sehr pragmatisch.

Nicht drücken, auf der Straße nicht klackern und bloß nix Buntes!

Der Rest ist mir relativ gleich und das Bataillon meines Schuhwerks ist demnach auch recht überschaubar.

  • Schwarze Schnür-Wildlederstiefeletten, die zu nahezu allem passen, deshalb oft getragen werden und ziemlich ausgelatscht sind.
  • Mittelbraune, fast kniehohe Wildlederstiefel, die schon mehr als eine Dekade auf dem Buckel, bzw. auf den Sohlen haben und immer dann herhalten müssen, wenn in der stiefellastigen Jahreszeit die Hose zu eng ist, als dass sie über die Stiefeletten passen würde – oder ich einen Rock trage, der Bein zeigen würde, wären da nicht besagte Stiefel.

Kann mich spontan auch nur an zwei Situationen erinnern, welchen ich mit unbestiefelten und dem Auge des Betrachters frei zugänglichen Beinen beigewohnt habe und im Nachhinein hab ich auch nicht mal mehr die leiseste Idee, wie es dazu überhaupt hatte kommen können.


Was hab ich denn noch?

  • Ach: Hausschuhe! Welche für drinnen, welche, mit denen man auch mal den Müll rausbringen kann und welche, die in der Not auch als Badelatschen oder Sommer-Sandalen durchgehen. – Da fällt mir doch gleich der Schwiegersohn ein, der ebenfalls an der Haustür nen klaren Cut macht und von „Drinne-Schlabbe“ auf „Drauße-Schlabbe“ wechselt – oder umgekehrt, je nachdem, in welche Richtung er grade unterwegs ist.
  • Für geschätzte ein bis zwei Anlässe pro Jahr (maximal) hab ich sogar schwarze und dunkelbraune (Überraschung) Wildlederstöckelschuhe.

Die einen bisschen zu groß, die andern bisschen zu eng, die brauen alt, die schwarzen uralt, aber man kauft sich ja auch keinen Aufsitz-Rasenmäher, nur, weil die Steinwüste im Vor“garten“ von zwei kleinen Sukkulenten beheimatet wird. Ich jedenfalls nicht. Aber ich hab ja auch keinen Steingarten. Tjanun.


Jetzt wirds schon eng …

  • Oh! GUMMISTIEFEL!!! Kurze billige ausm Discounter und kniehohe teure vom Jagdversand.

Da letztes Jahr der Hund eingezogen ist, ich seither die Wälder und Felder der Umgebung deutlich stärker frequentiere und das nicht selten im Gummiestiefeln, sind alle beide inzwischen marode und verfügen an strategisch ungünstigen Stellen über Luft- und Wasserzirkulation. Nicht mal Silikonkleber konnte helfen. Und Panzerband, die eigentliche Notlösung bei allem, was irgendwo nicht mehr ganz so hält, wie es soll, versagt hier ebenfalls. Fürchte, da sind tatsächlich mal neue fällig. Aber noch reichen einfach zwei Paar Socken mehr.

  • Im Keller müssten noch zwei Paar Sommer-Ballerinas rumliegen, die kommen aber nur zum Einsatz, wenn die eingangs erwähnten, schwarzen Hauschuh-Badelatschen-Pantoletten aus unerfindlichen Gründen mal so gar nicht angemessen sind.

Da fällt mir ein:

  • Erst letzten Sommer hab ich Wanderschuhe geschenkt bekommen und mir gleich beim ersten Einsatz die Fersen so blutig gelaufen, dass ich direkt wieder wusste, warum ich auf altes, ausgelatsches Schuhwerk stehe. Das hab ich über den Winter jetzt ganz gut hinbekommen und kann sie nun vermutlich die kommenden 20 Jahre zum Wandern tragen. Coole Sache.

Das wars dann auch schon. Mehr Schuhe besitze ich nicht und Lieblingsschuhe schon gar nicht.


Musste aber während des Schreibens an die Zeit zurückdenken, als ich 6 Jahre alt gewesen sein muss, in der ersten Klasse war und Ballettunterricht nehmen durfte. Die Ballettstunden waren mein Highlight der Woche, ich hab’s geliebt. War nicht untalentiert und trotz meiner jungen Jahre sehr motiviert bei der Sache. Oder vielleicht gerade deshalb.

Die Musik, die Bewegung, der Zuspruch, das Lob – ich erinnere mich gut, dass ich mich in meiner Ballettkleidung immer so besonders gefühlt hatte, so stark und wertvoll, irgendwie. Wie in einer Rüstung. Zwar pastellrosa und aus Chiffon. Aber egal. Sie erfüllte ihren Zweck.

Bis zu dem Tag, an dem ich kleine Erstklässlerin mit Balletttrikot, Tutu, Strumpfhose und Ballettschuhen das Haus verlassen und zur Schule gegangen bin.

Die Wohnung war bereits leer, als ich los musste, deshalb gab es auch niemanden, der die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und „So gehst du auf keinen Fall vor die Tür!“ hätte brüllen können. Rückblickend betrachtet sehr bedauerlich, damals kam mir der Gedanke, dass mein Aufzug etwas unpassend sein könnte, aber erst dann, als mir die erstaunten Blicke im Bus aufgefallen waren und ich kurz danach in der Schule von sämtlichen Kindern umzingelt, ausgelacht und für völlig meschugge erklärt worden war. Hätte es Schweinchen Babe zu dieser Zeit schon gegeben, ich glaube, das wäre noch das Netteste gewesen,von all dem was ich zu hören bekommen hatte.

Bis zu diesem Tag waren meine Ballettschuhe definitiv meine Lieblingsschuhe gewesen. Und so viel mehr. Das wurde danach anders. Diese ganze Ballett-Geschichte wurde anders. Das bis dato damit verbundene heimelige Gefühl war der Scham und der Bestätigung gewichen, dass ich einfach bekloppt sein musste.

Hhm. Die Hobbypsychologin in mir zieht zu diesem Erlebnis und der Tatsache, dass ich seither nie wieder Lieblingsschuhe hatte, doch gleich mal einen Zusammenhang an den Haaren herbei – aber das will ich jetzt mal besser nicht weiter erörtern …

Vielleicht ist aber auch einfach nur Oma schuld, bei der ich, Kind der 70er, einen Großteil meiner frühen Jahre verbracht habe. Es war üblich, die Klamotten aufzutragen, aus denen meine nur vier Jahre ältere Tante bereits herausgewachsen war und ging es um „schicke Schuhe“ sagte Oma immer in ihrem ganz eigenen Slang:

„Wiesdaller Füß`
un Frankfurter Schuh
basse nid zamme.“

Ach ja … Oma … *seufz*

Au weia. Wollte eigentlich nur kurz die Frage des Tages beantworten. Immer wieder spannend, wohin der Geist einen führt, wenn man ihm die Kontrolle über seine Finger und die Tastatur überlässt. Das soll es aber jetzt dann doch mal gewesen sein.

Wünsche einen schönen Tag!
Rebecca | Schreibtrunken


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