Die Sache mit dem Schicksal …
Die heutige Frage des Tages hat wohl schon viele Gemüter beschäftigt. Schicksal … Gibt`s das? Ist vorherbestimmt, wie alt ich werde, wen ich mal heirate, ob ich überhaupt heirate, ob mir ein Leben in ewiger Gesundheit vergönnt ist, ganz gleich, ob ich rauche, saufe, kiffe, respektive, ob es mich bereits in jungen Jahren dahinrafft, obwohl ich noch nicht mal die Chance hatte, mir meine Gesundheit aus freien Stücken zu ruinieren?
Folgt unser Leben einem großen, vorgeschriebenen Plan?
Sind „Zufälle“ gar keine Zufälle sondern bewusst gestreute Brotkrumen einer höheren Macht?
Das Wort „Schicksal“ ist für viele Menschen gleichbedeutend mit einer unsichtbaren Hand, die unsere Wege lenkt, als wären wir Marionetten an den Fäden des Puppenspielers. – Ob wir fallen oder nicht, hängt (im wahrsten Sinne) nicht an uns.
Der Faden, der uns hält
In den alten Mythen der Griechen spinnen die Moiren die Lebensfäden der Menschen. Sie messen ihre Länge, sie entscheiden, wann sie reißen. Auch in anderen Kulturen gibt es die Vorstellung, dass unser Leben nicht gänzlich in unserer Hand liegt, sondern Kräfte jenseits unserer Vorstellungskraft die Fäden halten.
Wer an das Schicksal glaubt, findet in der Regel Trost in der Idee, dass alles, was geschieht, einen Sinn hat – auch Schmerz, Verlust, Umwege. Vielleicht führt jeder Fall nur dazu, dass wir aufstehen müssen, um eine größere Bestimmung zu erfüllen. Vielleicht ist alles, was wir als Chaos empfinden, nur ein Puzzle, dessen Gesamtbild wir erst später erkennen.
Die Kraft des Zufalls
So tröstlich diese Vorstellung sein mag, so bequem ist sie aber auch.
Der Gedanke, dass unser Leben gelenkt wird, nimmt uns Verantwortung ab. Was aber, wenn das Leben ein leeres Buch ist, das wir selbst füllen? Wenn Zufälle keine Zeichen sind, sondern einfach nur das: Zufälle?
Die Physik zeigt uns eine Welt, die oft dem Prinzip des Zufalls folgt. Elektronen bewegen sich nicht nach Plan, sondern in Wahrscheinlichkeiten. Warum sollte es mit unserem Leben anders sein?
Vielleicht gibt es kein vorherbestimmtes Ziel, sondern nur die Entscheidungen, die wir treffen – und die, die wir nicht treffen.
Das Schicksal als Echo unserer Entscheidungen
Doch selbst wenn das Schicksal nicht als übernatürliche Macht existiert – kennen wir nicht alle diese Momente, die sich nach einer Fügung anfühlen?
- Wenn zwei Menschen sich „zufällig“ begegnen und daraus die Liebe ihres Lebens entsteht?
- Wenn wir ungewollt von was auch immer Abschied nehmen müssen, um kurz darauf festzustellen, dass etwas sehr viel Besseres auf uns gewartet hat?
- Wenn eine einzige Entscheidung alles verändert?
Vielleicht ist Schicksal nicht etwas, das uns widerfährt, sondern etwas, das wir erschaffen – durch unsere Haltung, unsere Träume, unsere Art, auf das Leben zu reagieren. Vielleicht ist es das Echo unserer Entscheidungen, das uns irgendwann einholt.
Zwischen Bestimmung und Freiheit
Letztlich gibt es wohl kein eindeutiges Ja oder Nein. Schicksal kann vieles sein: Ein Glaube, der Trost spendet. Eine Illusion, die uns beruhigt. Oder eine Kraft, die sich erst im Nachhinein zeigt.
In meiner Welt sind wir Reisende auf einem Pfad, der zwar bereits existiert, aber erst durch unsere Schritte seine tatsächliche Form annimmt.
Wir sind umgeben von Möglichkeiten, die erst durch uns und unsere Art, sie zu nutzen (oder auch nicht), zu unserer Wirklichkeit werden.
Wie ein Tütchen Samenkörner, das wir in die Hand gedrückt bekommen, um die Samen einzupflanzen, wo auch immer wir möchten. Das „Schicksal“ zu erblühen oder einzugehen, hängt in nicht unbedeutendem Maß davon ab, wohin wir sie streuen, welches Klima dort herrscht und wie wir uns darum kümmern. Rose bleibt Rose – aber wie lange sie blüht, dieses „Schicksal“ fällt nicht einfach vom Himmel – es liegt an uns.
Und so, wie es das Schicksal der Rose ist, Rose zu sein, so ist es mein Schicksal, Mensch zu sein.
Natürlich bin ich, wie jeder andere auch, durch Kindheitserfahrungen geprägt, Erlebnisse jedweder Art, die uns auf unserem Weg begegnet sind. Gehen wir ihn aber rückwärts, stellen wir in der Regel fest, dass wir unendlich viele Möglichkeiten hatten, in eine andere Richtung abzubiegen, es aber unser freier Wille und unser eigenes Handeln war, das uns hingebracht hat, wo wir nun sind.
Wir denken in den seltensten Fällen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten durch sondern handeln meist nach einem gewohnten Muster. Wir nehmen den Rest gar nicht wahr und reden uns ein, wir könnten nicht anders. Oder haben es uns einreden lassen …
Und wenn wir unbedingt an Unglücke oder schlimme Erkrankungen denken wollen … Ja. Es lindert vielleicht den Schmerz, wenn man sich sagen kann, dass man nichts dagegen hätte tun können, da es eben „so sein sollte“ und wem dieser Gedanke hilft, der möge ihn sich auch bewahren – für mich persönlich ist er allerdings keine Option.
Was auch immer die Wahrheit sein mag – wir gehen weiter. Mal zweifelnd, mal zuversichtlich, mal mit dem Gefühl, geführt zu werden, mal mit der Überzeugung, unseren eigenen Weg zu schmieden.
Und vielleicht liegt genau darin unser „Schicksal“:
Dass wir es nie ganz verstehen werden – es aber dennoch mit jedem Atemzug erschaffen.
Rebecca | Schreibtrunken





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